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Zahlen und Fakten zur sesam-Studie

Die sesam-Studie ist eines von insgesamt 20 nationalen Forschungsschwerpunkten, welche vom Nationalfonds und weiteren öffentlichen und privaten Geldgebern unterstützt werden. Die Studie will zum Verständnis psychischer Krankheiten beitragen. Dazu sollen rund 3000 Kinder, ihre Eltern und teilweise auch ihre Grosseltern ab Schwangerschaft bis zum 20. Lebensjahr beobachtet und untersucht werden.

Die „Swiss Etiological Study of Adjustment and Mental Health“ (sesam) Studie ist Bestandteil der zweiten Bewilligungstranche der Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS), einem neuen Forschungsförderungsinstrument des Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Der NFS-sesam wurde 2005 zusammen mit fünf anderen Schwerpunkten in einem mehrstufigen Evaluationsverfahren aus insgesamt 44 Vorschlägen ausgewählt. Das Projekt wird in der ersten Phase, die bis 2009 dauert, mit insgesamt fast 23 Millionen Franken unterstützt: Gut zehn Millionen stammen vom SNF, die restlichen knapp 13 Millionen von der Universität Basel und weiteren Drittmitteln (darunter sechs Millionen vom Pharmakonzern Roche sowie weiteren Mitteln von der Freien Akademischen Gesellschaft Basel und der Lichtenstein-Stiftung). Über die weitere Finanzierung wird – wie bei Forschungsprojekten üblich – auf der Basis regelmässiger unabhängiger Begutachtungen entschieden werden.

Ziele, Mittel und Vorgehen von sesam

Das sesam-Projekt möchte zu einem besseren Verständnis der psychischen Gesundheit und Krankheit beitragen. Die Initiatoren nennen drei Hauptzielsetzungen (Quelle: sesam-Website):

  • Gesundheitsfördernde und schützende Faktoren identifizieren.
  • Konstellationen im Lebenskontext verstehen, die einer gesunden psychischen Entwicklung entgegenstehen.
  • Grundlagen für wirksame Prävention, Behandlung und Bewältigungsstrategien bei psychischen Krankheiten und Lebenskrisen entwickeln.

Zu diesem Zweck sollen rund 3000 Kinder von der Schwangerschaft an über insgesamt 20 Jahre untersucht werden. Einbezogen in die Untersuchungen werden zudem die Eltern und gegebenenfalls Grosseltern der Kinder. Es werden also Informationen unterschiedlicher Art von schätzungsweise 15'000 Personen gesammelt. Folgende Methoden dienen zur Erfassung von Informationen:

  • Verhaltensbeobachtungen, z.T. im Kontext psychologischer Experimente
  • Fragebögen und strukturierte Gespräche
  • Speichel- und Blutproben
  • Material von medizinischen Routineuntersuchungen (z.B. Ultraschall)

Die Teilnahme an der Studie ist für alle Beteiligten freiwillig und kann jederzeit abgebrochen werden. Zu Beginn geben die Eltern allgemein das Einverständnis für die Teilnahme ihrer Kinder; später werden die Kinder entsprechend ihrem Entwicklungsstand ebenfalls explizit zum Einverständnis befragt.

Der NFS sesam gliedert sich in eine Hauptstudie und zwölf darin integrierte Teilprojekte. Das Spektrum dieser Projekte umfasst Aspekte wie die „Bedeutung der Grosseltern“, „Familienprozesse“, „Schwangerschaft und seelische Gesundheit“, „Psychobiologie“, „Soziale Determinanten“ und „Genetik“. Letztere Studie untersucht den Einfluss genetischer Faktoren auf die Entwicklung und den Verlauf psychischer Krankheiten. Die Initiatoren stellen klar, dass die genaue Ausgestaltung einzelner Studien Teil der ersten Projektphase ist, welche im Oktober 2005 begonnen hat. Ab Herbst 2006 sollen dann – die entsprechenden Bewilligungen durch Ethikkommissionen vorausgesetzt – die Untersuchungen beginnen. Zu Beginn der Studie sollen die schwangeren Frauen in Kliniken, in welcher sie die Routineuntersuchung durchführen lassen, auf das Projekt aufmerksam gemacht und für eine Teilnahme angefragt werden. Bei einer Zusage finden die Untersuchungen an zwei Terminen während der Schwangerschaft (in den Wochen 20-22 und 32-34) sowie an den Tagen nach der Geburt statt. Danach finden Untersuchungen in der sechsten Lebenswoche des Kindes, sowie im 6., 12. und 24. Monat statt. Dabei sollen auch die Väter sowie die Grosseltern zur Studienteilnahme eingeladen werden. Die zweite Phase der Studie (das 5. bis 13. Jahr der Studie) umfasst die Entwicklung des Kindes vom Vorschulalter bis ca. zum achten Lebensjahr. Für die dritte Phase ist vorgesehen, die Kinder ab dem Schulalter bis ins junge Erwachsenenalter in die Studie einzubeziehen.

Rechtliche Aspekte

Demnächst wird die Studie von der Ethikkommission beider Basel begutachtet. Hängig ist dabei eine von über 12'000 Personen getragene Petition des Basler Appells gegen Gentechnologie, welche einen Stopp der Studie fordert. Hintergrund der Petition sind unterschiedliche Ansichten in rechtlicher Hinsicht. Die Initiatoren der Studie halten fest, dass der NFS sesam die geltenden relevanten eidgenössischen und kantonalen Gesetze – beispielsweise betreffend Datenschutz – einhalten würde, die Europäische Bioethik-Konvention beachten würde, sowie dass alle Untersuchungen von den zuständigen Ethikkommissionen und Datenschutzinstitutionen begutachtet würden. Der Basler Appell hingegen hält in seiner Stellungnahme fest, es sei unklar, ob die Gesetzeslage Forschung an Kindern ohne direkten Nutzen für die Untersuchungsteilnehmenden im Sinne des sesam-Projektes überhaupt erlaube.

Das weitere rechtliche Umfeld des sesam-Projektes umfasst das Heilmittel-Gesetz (in Kraft), das Gesetz über genetische Untersuchungen am Menschen (tritt am 1.1.07 in Kraft) und das Humanforschungsgesetz (derzeit in der Vernehmlassung). Hinsichtlich des Streitpunktes um die „Fremdnützige Forschung an Nichteinwilligungsfähigen“ ermöglichen die beiden erstgenannten Gesetze grundsätzlich Stellvertreter-Entscheide – also Eltern können für ihre Kinder unter gewissen Bedingungen entscheiden, dass diese an solchen Forschungen beteiligt werden. Auch der Entwurf des Humanforschungsgesetzes sieht diese Möglichkeit vor. Inwiefern sesam ein Präjudiz für die Vernehmlassung des Gesetzes darstellt, wird unterschiedlich beurteilt (siehe Interview).

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